Abb. Vorstandsvorsitzender Dr. Richard Lutz

Vorwort des Vorstandsvorsitzenden

Sehr geehrte Damen und Herren,

es mag paradox klingen, aber 2020 war für die DB ein Jahr, das uns gestärkt hat. Wir durchleben eine Corona-Krise, keine Krise der Deutschen Bahn. Im Gegenteil. Das vergangene Jahr hat eindrucksvoll bestätigt: Wir sind unverzichtbarer Teil der Lebensadern dieses Landes. Wir sind systemrelevant. Auf uns war und ist Verlass.

Das ist der Kern unserer Unternehmensstrategie Starke Schiene. Eine starke Schiene bedeutet, für unsere Gesellschaft da zu sein – für die Mobilität der Menschen und für die logistische Versorgung von Bevölkerung und Wirtschaft. Ganz besonders dann, wenn vieles nicht mehr so selbstverständlich ist wie bisher. Wir stehen zu unserer Verantwortung.

Wesentliche Werte und Prioritäten haben sich im vergangenen Jahr weltweit verschoben. Noch immer bestimmt Corona unseren Alltag. Noch immer ist Abstand halten die Devise. Noch immer ist ein unbeschwertes Miteinander weit entfernt.

Im Lockdown waren wir alle aufgerufen, zu Hause zu bleiben. Im Frühjahr 2020 genauso wie im Winter 2020/2021. Die Erfolgsgeschichte der Eisenbahn in Deutschland wurde durch die Pandemie hart ausgebremst. Wir waren Mobilitätsanbieter für eine Gesellschaft, die plötzlich nicht mehr mobil sein durfte. Auf Rekordwerte bei unseren Reisendenzahlen noch zu Beginn des Jahres 2020 folgten schmerzlich leere Züge – und eine äußerst angespannte finanzielle Lage.

Dennoch hat sich an meinem Grundoptimismus zur Zukunft der Eisenbahn wenig geändert. Im Gegenteil – er ist stärker denn je. Denn unser Auftrag und unser »Warum« wurden durch die Krise bestätigt und bekräftigt.

Die globale Klimaveränderung bleibt eine massive Bedrohung. Sie mag zwar durch Corona temporär an Beachtung verloren haben, nicht aber an Bedeutung für unsere Zukunft. Gegen den Klimawandel gibt es keinen Impfstoff. Nur durch eine andere Mobilität können wir unseren Planeten kurieren. Das wissen auch unsere Kund*innen.

Bahnfahren ist aktiver Klimaschutz, daran hat sich nichts geändert. Und wir machen das klimafreundlichste Verkehrsmittel noch grüner und attraktiver. Mit über 160 grünen Initiativen machen wir uns für Klima-, Natur-, Ressourcen- und Lärmschutz sowie für soziale Verantwortung stark. Beim Ausbau von Ökostrom sind wir Spitzenreiter. Bis zum Jahr 2050 werden wir klimaneutral sein und bereits bis 2030 unseren CO₂-Ausstoß gegenüber 2006 mehr als halbiert haben. Derzeit sind wir mit 61 Prozent erneuerbaren Energien im Bahnstrommix bereits größter Ökostromnutzer in Deutschland.

Auch deshalb ist die Deutsche Bahn erneut mit der Bestnote A in der renommierten Klimaschutz-Rangliste der globalen gemeinnützigen Umweltorganisation CDP (»Carbon Disclosure Project«) bewertet worden. Grün ist für uns mehr als eine Haltung. Es prägt unser Handeln. Mit ihren Anstrengungen gegen den Klimawandel gilt die DB international als führend. Außerdem bekennt sich die Deutsche Bahn ausdrücklich zu den Prinzipien des United Nations Global Compact, der weltweit größten Initiative für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung.

Die Europäische Kommission hat 2021 zum Europäischen Jahr der Schiene erklärt. Mit dem »Green Deal« bekennt sich die Europäische Union zu ihrem Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein. Dafür ist eine Verkehrsverlagerung unabdingbar und ein starkes Schienennetz demnach unverzichtbar. Ein Beispiel für einen leistungsfähigen und modernen europäischen Schienenverkehr ist der TransEuropExpress (TEE) 2.0, eine Initiative des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. Damit sollen künftig bestehende Zugverbindungen besser miteinander verknüpft werden. Ziel ist ein Europa-Takt, der Europa noch enger und vor allem klimafreundlich verbindet.

Ohne eine massive Verkehrsverlagerung auf die umweltfreundliche Schiene sind weder die innerdeutschen noch die europäischen Klimaziele zu erreichen. Eine große Unterstützung ist dabei das nachdrückliche Engagement der Politik. Ob der Masterplan Schienenverkehr, die Maßnahmen zur Stärkung der Schiene im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 oder die weiteren Mittelhochläufe von schienenrelevanten Titeln im Bundeshaushalt 2021 – all das zeigt: Die Schiene ist die Zukunft.

Die finanziellen Konsequenzen der Pandemie werden wir gemeinsam bewältigen. Aufgrund der zweiten Welle mussten wir unsere Prognosen überarbeiten und deutlich nach unten korrigieren. Für den Zeitraum bis 2024 gehen wir im Eisenbahngeschäft von einem Schaden von rund zehn Milliarden Euro aus. Einen drastischeren Einbruch hat es in der Geschichte der DB noch nie gegeben. Der bereinigte Umsatz des DB-Konzerns sank 2020 um 10 Prozent auf 39,9 Milliarden Euro. Das operative Ergebnis (EBIT bereinigt) lag bei –2,9 Milliarden Euro, ein Minus von 4,7 Milliarden Euro.

Um diese finanziellen Schäden in den Griff zu bekommen und gleichzeitig unser Investitionsprogramm für die Starke Schiene fortsetzen zu können, bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller wesentlichen Beteiligten: der Unternehmen, Führungskräfte, Mitarbeitenden und Eigentümer. Diese Philosophie prägt das »Bündnis für unsere Bahn« von Politik, Bahn und Arbeitnehmendenvertretung. Wir haben erklärt, dass wir unseren Beitrag leisten, indem wir die Hälfte des erwarteten Corona-Schadens im Eisenbahngeschäft in Deutschland selbst tragen. Einen erheblichen Teil davon haben wir bereits im vergangenen Jahr umgesetzt. Der mit der EVG abgeschlossene Tarifvertrag ist ein wesentlicher Beitrag dazu.

Was uns bei den großen Herausforderungen sehr positiv bestätigt, ist das Vertrauen unserer Fahrgäste. Im Jahr 2020 wurde unser Engagement mit der höchsten Kundenzufriedenheit und der besten Markenwahrnehmung in der DB-Geschichte belohnt. Unsere Stammkunden halten uns die Treue und schätzen unsere Verlässlichkeit und Flexibilität. Auch deshalb bin ich überzeugt davon, dass die Bahnreisenden zurückkommen werden. Dafür stecken wir all unsere Energie in noch mehr Sicherheit und Service. Die komplette ICE-Flotte, mehr als 130 Bahnhöfe, alle DB Lounges, erste Regionalzüge und Busse verfügen inzwischen über WLAN. Und WIFI@DB wächst weiter: 2021 folgen mehrere Hundert Regionalzüge und Busse sowie die Intercity-Züge.

Ganz intensiv – und erfolgreich – arbeiten wir an noch mehr Pünktlichkeit. Im Jahr 2020 waren 81,8 Prozent aller ICE- und IC/EC-Züge pünktlich unterwegs. Das ist eine Steigerung von 5,9 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr (2019: 75,9 Prozent) und der beste Wert seit 15 Jahren. Der deutliche Aufwärtstrend, der sich bereits Ende 2019 abzeichnete, hat sich im Laufe des Jahres 2020 verstetigt. Auch im Regionalverkehr hat die DB die Pünktlichkeit ihrer Züge gegenüber 2019 weiter gesteigert. Mit 95,6 Prozent erreichte DB Regio im Jahr 2020 die beste Pünktlichkeit seit Bestehen der DB AG.

Gründe für die höhere Pünktlichkeit waren zum einen natürlich weniger Fahrgäste, wodurch sich die Haltezeiten an den Bahnhöfen verringerten. Zeitweise waren weniger Züge im Einsatz, auch im Güterverkehr. Dadurch war das Streckennetz weniger belastet, insbesondere die Bahnknoten. Positiven Einfluss auf die Pünktlichkeit hatte aber auch die weiter verbesserte und kundenfreundlichere Bauplanung. Wir haben trotz Corona so viel gebaut wie nie – zeitweise an über 900 Baustellen am Tag. Dabei hat sich unser Lagezentrum Bau sehr bewährt. 14 Prozent weniger Züge waren durch ein besseres Management der Baustellen verspätet – trotz 20 Prozent höherer Bautätigkeit.

Wir haben gemeinsam mit Bund und Ländern die Rekordsumme von 12,2 Milliarden Euro in die Eisenbahninfrastruktur investiert und damit Qualität und Kapazität deutlich gesteigert. Darunter fällt auch unsere Modernisierungsoffensive für Bahnhöfe, die von uns 2020 erfolgreich weiter vorangetrieben wurde: Rund 1,6 Milliarden Euro haben wir gemeinsam mit Bund und Ländern in den barrierefreien Ausbau, die Modernisierung und die Errichtung neuer Stationen investiert. Wichtige Weichen wurden gemeinsam mit dem Bund auch für die Digitalisierung der Infrastruktur gestellt.

Gleichzeitig kümmern wir uns um die Erweiterung der Flotte, damit mehr Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Über 50 neue ICE 4 sind bereits im Einsatz. Zusätzlich hat DB Fernverkehr im vergangenen Jahr neun Doppelstock-Intercity-Züge in Betrieb genommen und 30 neue ICE 3neo bestellt. Bis zum Jahr 2026 wird die Fernverkehrsflotte für rund 8,5 Milliarden Euro modernisiert.

Durch mehr Kapazitäten auf der Strecke und in unseren Werken verkürzen wir die Reisezeit und machen das Bahnfahren noch attraktiver. Einen ersten Vorgeschmack auf den Deutschland-Takt bekommen unsere Kund*innen seit dem Fahrplanwechsel im Dezember zwischen Hamburg und Berlin, wo wir erstmals einen Halbstundentakt anbieten.

Im Nahverkehr konnte DB Regio seine Position als Marktführer behaupten. Das Unternehmen verteidigte alle Bestandsverkehre und konnte Leistungen vom Wettbewerb hinzugewinnen. Insgesamt konnte so der neuvergebene Auftragsbestand im zweiten Jahr in Folge durch wettbewerbsfähige und profitable Angebote vergrößert werden. Der Marktanteil von DB Regio liegt damit stabil bei rund 61 Prozent der gefahrenen Zugkilometer im wachsenden Regionalverkehrsmarkt. Nahverkehr denken wir verkehrsträgerübergreifend und setzen mit On-Demand-Services wie ioki auch erfolgreich auf neue Formen des ÖPNV.

Wie wichtig auch der Schienengüterverkehr ist, hat sich gerade während der Corona-Krise gezeigt. DB Cargo fährt rund 20.000 Züge pro Woche und ist damit klimaschonendes Rückgrat der Wirtschaft in Deutschland und Europa. Ein einziger Güterzug transportiert beispielsweise die Fracht von 52 Lkw. Und jede Tonne, die auf die Schiene verlagert wird, spart 80 Prozent CO₂ gegenüber dem Lkw ein. Das spornt uns an. DB Cargo hat sich deshalb ganz bewusst 2020 eine Wachstumsstrategie gegeben: für das Klima und für eine nachhaltige Wirtschaftlichkeit.

DB Schenker hat sich im Corona-Jahr 2020 als verlässlicher Versorger in der Krise erwiesen. Die stabile Sicherung der Lieferketten durch unsere Logistikkolleg*innen hat dazu beigetragen, dass die Menschen in Deutschland, Europa und weltweit mit wichtigen Medizinprodukten versorgt wurden – zum Beispiel mit den heute selbstverständlichen Schutzmasken. Belohnt werden die enormen Leistungen von DB Schenker unter schwierigen Bedingungen mit einem Rekordergebnis. Auch dieses Jahr wird DB Schenker eine wichtige Aufgabe übernehmen: Unsere Logistiktochter hilft bei der weltweiten Versorgung der Menschen mit Impfstoffen gegen Covid-19.

Antreiber des Fortschritts in all unseren Geschäftsbereichen ist die Digitalisierung. Wir haben unsere IT, soweit möglich, in die Cloud überführt und das konzerneigene Rechenzentrum geschlossen. Damit haben wir eines der größten IT-Projekte zwei Jahre früher als geplant beendet, sind europaweit Vorreiter und einer der ersten großen Konzerne, die konsequent auf die Cloud setzen. Diese Entscheidung hat sich in Zeiten von Corona als goldrichtig erwiesen. Unsere IT-Systeme funktionierten auch geräuschlos, als Zehntausende Mitarbeitende gleichzeitig ins Homeoffice wechselten.

2020 war nicht das Jahr der Fahrgastrekorde oder Gewinne. Es war ein Jahr voller Herausforderungen, Einschränkungen und Umstellungen. Die wirtschaftlichen Konsequenzen sind enorm. Aber wir haben gezeigt: Wir sind für die Menschen da. Wir investieren massiv in die Zukunft und bauen jeden Tag weiter an der Starken Schiene. Wir haben den richtigen Auftrag, wir haben die richtige Strategie. Und wir haben das richtige Team. Mein großer Dank gilt unseren Mitarbeitenden, die gerade im vergangenen Jahr alle miteinander bewiesen haben, dass auf uns Verlass ist. Das Team DB steht für die Zukunft bereit.



Herzlichst

Richard Lutz

Dr. Richard Lutz
Vorstandsvorsitzender der
Deutschen Bahn AG

Abb. Vorstandsvorsitzender Dr. Richard Lutz
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