Konzernsicherheit

Managementansatz und Ziele

Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Für unsere Kund:innen ist Sicherheit ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl des Verkehrsmittels. Für unsere Mitarbeitenden ist die Sicherheit am Arbeitsplatz Voraussetzung, zusätzlich tragen wir täglich die Verantwortung für Millionen von Menschen und Gütern. Gerade deshalb ist der Schutz vor Angriffen, Diebstählen und anderen Straftaten entlang von Produktionsabläufen und Reisekette oberstes Anliegen der Sicherheitsorganisation des DB-Konzerns. Die DB-internen Stellen stehen dabei im ständigen Dialog mit den Sicherheitsbehörden. Der konstante Lageaustausch der Konzernsicherheit mit dem Bundespolizeipräsidium ist rund um die Uhr gemeinschaftliche Aufgabe von DB-Konzern und Bundespolizei im ­Sicherheitszentrum der Bahn. Die sechs Lage- und Einsatzzentralen in den Regionalbereichen der DB Sicherheit koordinieren regionale Sicherheitsthemen und sind 24/7 Ansprechpartner für die Geschäftsfelder, konzernexterne Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) und Behörden. DB-Konzern und Bundespolizei stellen kontinuierlich Mitarbeitende ein und erweitern die Ausbildungskapazitäten. Im September 2022 begannen rund 100 Auszubildende die dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Damit decken bundesweit rund 300 junge Menschen im DB-Konzern den Nachwuchsbedarf in diesem Aufgabenfeld. Neben der Ausbildung sind kontinuierliche Fortbildung und Training wesentliche Voraussetzungen für eine stabile Sicherheitslage und einen verantwortungsvollen Einsatz unter Berücksichtigung der Grundrechte jedes einzelnen Menschen. Alle eigenen Sicherheitskräfte der DB Sicher­heit werden viermal jährlich geschult. 2022 wurden insgesamt mehr als 93.000 Stunden Fortbildung absolviert. Neben rechtlichen Themen, einschließlich Menschenrechten, Deeskalation und Eigensicherung, steht die Vermittlung interkultureller Kompetenzen mit auf der Tagesordnung. Dabei ist die Vielfalt der Perspektiven und Kulturen bereits durch die Teilnehmenden gegeben: Bei der DB Sicherheit arbeiten Menschen aus mehr als 50 Ländern. Für die Fortbildung der Sicherheitskräfte beauftragter Nachunter­nehmen gelten dieselben Anforderungen.

2022 ist die Zahl von Straftaten zulasten des DB-Konzerns und seiner Kund:innen insgesamt angestiegen (+20%). Auffällig ist v. a. der Anstieg bei Hausrechtsdurchsetzungen (+35%), der auch auf die verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften in Zügen und Bahnhöfen zurückzuführen ist und im Vorjahresvergleich auch im Kontext der wieder ansteigenden Reisendenzahl sowie der zunehmend schwierigen Durchsetzung der Corona-Regeln zu sehen ist. Auf insgesamt niedrigem Niveau, aber angestiegen, ist die Zahl der Metalldiebstähle (+20%) sowie Fahrkartenautomatenaufbrüche (+6%). Ein leichter Rückgang ist dagegen bei Graffitistraftaten (–1%) zu verzeichnen.

Rechtskräftige Verurteilungen von Sicherheitskräften in Zusammenhang mit der Schädigung von Kund:innen oder Reisenden sind nicht bekannt.

Sicherheit im DB-Konzern

Der DB-Konzern gibt jährlich rund 180 Mio. € für die Sicherheit von Kund:innen und Mitarbeitenden aus. Im Rahmen der Ordnungspartnerschaft gehen rund 5.500 Beamt:innen der Bundespolizei und rund 4.300 DB-Sicherheitskräfte mit technischer Unterstützung gemeinsam gegen Straftäter:innen und Störer:innen vor, um die Sicherheit der Kund:innen sowie der Mitarbeitenden zu erhöhen. Das konzernweite Programm Sicher unterwegsµ 68 fokussiert Maßnahmen, die eine spürbare Erhöhung der Sicherheit für Mitarbeitende sowie Kund:innen bewirken. Verstärkte Präsenz von Sicherheitskräften auf ausgewählten Linien im Fern- und Nahverkehr erhöht die Sicherheit und schreckt Straftäter:innen ab. Besonders im DB-Fernverkehr gab es, gegenüber früheren Jahren, eine deutlich erhöhte Beauftragung der Sicherheitsdienstleistungen. Erstmals gab es diese zusätzlichen Leistungen nicht nur bei besonderen Anlässen wie Fußball-Fanreiseverkehr, sondern auch an frequenzstarken Reisetagen im Regelbetrieb. So profitierten Kund:innen bei DB Regio von insgesamt fast 180.000 Stunden zusätzlicher Präsenz von Sicherheitskräften über die in den Verkehrsverträgen geregelten Einsätze hinaus. In Fernverkehrszügen wurden fast 100.000 zusätzliche Stunden Präsenz erbracht. Das entspricht in beiden Bereichen einer Verdoppelung gegenüber dem Vorjahr und belegt damit das Engagement des DB-Konzerns, Forderungen von Mitarbeiten­den und Interessenvertreter:innen nachzukommen und die Bahn für Kund:innen und Mitarbeitende sicherer zu machen.

Auch 2022 ergaben sich durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie zusätz­liche Herausforderungen für DB-Mitarbeitende. Es bestand unverän­dert die Pflicht, in Verkehrsmitteln des DB-Konzerns eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen. Wie schon in den Vorjahren gehörte die Durchsetzung dieser Pflicht zu den Aufgaben von Zugpersonal und Sicher­heitskräften. Bei insgesamt abnehmender Akzeptanz für die ­Maskenpflicht hat sich der Anteil von Konflikten, die zu Angriffen auf Mitarbeitende führten, in diesem Kontext erhöht. Neben Eskalationen bei Fahrausweiskontrollen stellen Konflikte aus der Durchsetzung der Maskenpflicht die nächstgrößere Ursache für Angriffe auf Mitarbeitende dar.

In die Gestaltung neuer Sicherheitsmaßnahmen und die Beauf­tragung neuer Einsatzkonzepte haben wir die Interessenvertretungen eingebunden. Dabei zeigte sich eine hohe Zustimmung der Interessenvertretungen zu den definierten und umgesetzten Maßnahmen. Das gemeinsame Ziel: der Schutz unserer Mitarbeitenden und Kund:innen.

Bedrohungsmanagement 24/7

Seit zwei Jahren steht das Bedrohungsmanagement Mitarbeitenden rund um die Uhr zur Verfügung, um bei Bedrohungen und persönlichen Belastungen Hilfe zu erhalten. Anzahl und Vielfalt der Meldungen be­stätigen den Erfolg dieses Instruments. 2022 verzeichnete das Team Bedrohungsmanagement mehr als 50 Fälle, die eine weiterführende Betreuung  ergaben. Dutzende weitere Kontakte mit Betroffenen wur­den vermittelt oder unterstützt. Ob erlebte Bedrohung vor, während oder nach dem Dienst oder Belastung aus dem persönlichen Umfeld: Speziell geschulte Mitarbeitende nehmen Meldungen auf und entschei­den über eine Intervention. Dabei reicht die Bandbreite der möglichen Maßnahmen vom sofortigen Polizeieinsatz über dispositive Personal­maßnahmen oder die Unterbreitung von Beratungsangeboten bis zur Aufklärung einer unklaren Situation durch Sicherheitskräfte oder andere Expert:innen.

Kontinuierlicher Ausbau von Videotechnik in Zügen und Bahnhöfen

Ein entscheidender Baustein für mehr Sicherheit ist der Einsatz von Videotechnik. Derzeit sind rund 9.000 Kameras an 800 Bahnhöfen im Einsatz. Dies bedeutet einen Anstieg von rund 1.000 Kameras in zwei Jahren. Bis Ende 2024 erhöhen wir die Anzahl der Videokameras auf Bahnsteigen auf rund 11.000 Kameras. Die neuen Kameras zeichnen hochauflösende Bilder auf. Bund und DB-Konzern setzen v. a. auf den Ausbau der Videotechnik und investieren dafür rund 180 Mio. €. Zugriff auf die Aufzeichnungen hat ausschließlich die Bundespolizei. Bis Ende 2024 werden alle großen Bahnhöfe Deutschlands mit moderner Videotechnik ausgestattet. Auch in den Zügen des Regional- und S-Bahn-Verkehrs steigt die Zahl der Kameras: Inzwischen sind mehr als 45.000 Video­kameras im Einsatz und sorgen im Fall der Fälle für eindeutiges Beweismaterial. Damit ist der Innenraum von mehr als zwei Dritteln der Nahverkehrsflotte von DB Regio videoüberwacht.

Präventionsarbeit

Die Präventionsarbeit des DB-Konzerns hat 2022 neben inhaltlichen Schwerpunkten im Themenfeld Gefahren an Bahnanlagen viel Aufmerksamkeit bei Behörden, Verbänden und anderen Stakeholdern ­erfahren. Die Stärkung des Netzwerks und der Aufbau neuer Kommunikationskanäle macht die Prävention sichtbar und erfolgreich. Sechs Präventionsteams sind an Bahnhöfen und Bahnanlagen unterwegs und sensibilisieren zum richtigen Verhalten an Bahnanlagen, klären zu ­Gefah­­ren des Bahnbetriebs auf und arbeiten gemeinsam mit der ­Bundespolizei im Bereich der Kriminalprävention. Speziell qualifizierte Mitarbeitende gehen auf Bahnanlagen und in Bahnhöfen in den Dialog mit Personen. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Arbeit an Schulen. ­­Die Präventionsteams besuchen Schulen und Jugendeinrichtungen, dort koordinieren sie Informationsveranstaltungen für Kinder und Jugendliche im Bahnbereich. Erstmals wurden in Kooperation mit den Bil­dungsbehörden der Länder Multiplikatorenschulungen für Lehr­personal in das Angebot der gesetzlich vorgeschriebenen Fortbildung für Lehrer:­innen aufgenommen.

Präsenz und enge Zusammenarbeit mit der Bundespolizei

Wir erhöhen weiterhin kontinuierlich die Präsenz eigener Sicherheits­kräfte. Die aus inzwischen rund 4.300 DB­Sicherheitskräften gebildeten Doppelstreifen und Einsatzteams werden in allen Regionen von mobilen Unterstützungsgruppen (MUG) mit besonderer Qualifikation für an ­spruchsvolle Einsätze ergänzt. Über die verkehrsvertraglichen Vorgaben hinaus werden so die Sicherheitsbedürfnisse in Zügen und Bahnhöfen erfüllt. Im Rahmen der Ordnungspartnerschaft ist die Zusammenarbeit von Sicherheitskräften des DB­Konzerns und Beamt:innen der Bundes­polizei weiter intensiviert worden. Gemeinsame Übungen, die Vermitt­lung von Qualifikationen für den Einsatz im Bahnbereich und die ge ­meinschaftliche Planung und Bewältigung von besonderen Lagen, z. B. beim Fußball­Fanreiseverkehr, sind Ausdruck der Ordnungspartnerschaft und leisten einen konkreten Beitrag für mehr Sicherheit im Bahnbereich.

Übergriffe auf Mitarbeitende

Die Durchsetzung der coronabedingten Verhaltensregeln hat zu an­haltend hohem Konfliktpotenzial für Mitarbeitende im Kontakt mit Kund:innen geführt. Bei steigenden Fahrgastzahlen haben erneut coro­nabedingte Situationen eine Verlagerung von Schwerpunkten ergeben und die Anpassung der Sicherheitskonzepte erfordert. Unsere Mitarbeitenden sind 2022 bundesweit rund 3.140-mal angegriffen worden (einschließlich Androhungen und Versuchen, +22% gegenüber dem Vorjahr). Etwa ein Viertel der Fälle steht in Zusammenhang mit der Durchsetzung von coronabedingten Verhaltensregeln. Die meistbetroffenen Berufsgruppen sind das Zugbegleitpersonal mit rund der Hälfte sowie die Sicherheits- und Ordnungsdienste mit einem Drittel der Fälle. Der Rückgang der Betroffenheit von Sicherheitskräften (–25%) ist auf weitere gezielte Schulung sowie den Einsatz von Bodycams und Schutzhunden zurückzuführen. Mitarbeitende mit Bodycams oder Schutzhunden wurden so gut wie nicht angegriffen.

Ausbaustein »Sicher unterwegs«

Mit dem Ausbaustein der Mitarbeitenden »Sicher unterwegs« haben die Mitarbeitenden Sicherheit als zentrales Handlungsfeld des DB-Konzerns definiert. Durch die Zusammenarbeit der Konzernsicherheit mit den Geschäftsfeldern und in Abstimmung mit Mitarbeitenden werden Maßnahmen umgesetzt, die die Sicherheit für Mitarbeitende und Kund:innen erhöhen. 2022 stand die Entwicklung der konzernweiten Sicherheitsplattform CSP (Corporate Security Platform) im Mittel­punkt der Aktivitäten. Die CSP erlaubt schnellere Kenntnis von Gefahrenlagen, schneller und gezielter zu reagieren und durch kontinuierliche Auswertung gewonnene Lageerkenntnisse unmittelbar in Sicherheitsmaßnahmen und langfristig in Sicherheitskonzepte einfließen zu lassen. In mehreren Schritten ist die Plattform seit Herbst 2022 in den Echtzeitbetrieb gegangen. 2023 werden alle Mitarbeitenden mit Kundenkontakt direkten Zugang zur Plattform haben.

Sicherheitsbahnhof Südkreuz

DB-Konzern und Bundespolizei entwickeln ihre Sicherheitskonzepte kontinuierlich weiter. Am Bahnhof Berlin Südkreuz ist das gemeinsame Forschungsvorhaben etabliert worden. Gegenstand von Teststellungen und Erprobungen sind z. B. eine leuchtende Bahnsteigkante zur besse­ren Orientierung oder eine App, mit der Reisende Unterstützung anfordern können. In einer wissenschaftlichen Studie wird zudem eine Software entwickelt und unter Realbedingungen getestet, die künftig helfen könnte, mögliche Gefahrensituationen und Hilfebedarf von Kund:innen zu erkennen.

Sicherheitswirksame Sozialarbeitin Bahnhöfen

Der DB-Vorstandsvorsitzende Dr. Richard Lutz, Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing haben eine erweiterte Zusammenarbeit zwischen DB-Konzern, Bundespolizei und den Bahnhofsmissionen vereinbart. Ziel ist das gemeinsame Verständnis einer sicherheitsorientierten Sozialarbeit zur Steigerung von objektiver und subjektiver Sicherheit für alle Bahnhofsnutzer:innen. Die Ausgestaltung der Vereinbarung sieht einen regelmäßigen Dialog und Interessenaustausch der Beteiligten sowie Hospitationen und Fortbildungen zum Perspektivwechsel vor. Auszubildenden der DB Sicherheit werden diese besonderen sozialen Kompetenzen regelmäßig vermittelt. Ziel des Projekts ist es, den oft angenommenen Widerspruch von Sicherheit und Sozialarbeit aufzulösen.