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Europäisches Umfeld
DB-Konzern
Das europäische Fit-for-55-Paket
Die Europäische Kommission hat am 14. Juli 2021 im Rahmen des Grünen Deals ein umfassendes Gesetzespaket (Integrierter Bericht 2021) vorgelegt.
Mit der Trilog-Einigung auf eine Verschärfung des Emissionshandels vom 18. Dezember 2022 wurde der größte Teil des Gesetzespakets ausverhandelt. Zukünftig sollen die Emissionsrechte noch stärker gekürzt werden. Die bestehenden kostenlosen Emissionszertifikate für den Luftverkehr und besonders im internationalen Wettbewerb stehende Industriesektoren sollen schrittweise abgeschafft werden. Auch der Schiffsverkehr soll in den Emissionshandel mit einbezogen werden. Ab 2027 soll ein neues Emissionshandelssystem für Gebäude, Straßenverkehr sowie für die Nutzung fossiler Brennstoffe in bestimmten Industriesektoren geschaffen werden, ähnlich dem deutschen Brennstoffemissionshandel. Mit den Einnahmen aus dem neuen Emissionshandel soll ein Klimasozialfonds finanziert werden, der Maßnahmen für effizientere Gebäude und emissionsärmere Mobilität unterstützen soll. Ferner einigten sich die EU-Institutionen darauf, in der EU ab 2035 keine neuen Pkw und leichten Nutzfahrzeuge mehr zuzulassen, die CO₂ ausstoßen.
Überarbeitung der EU-Richtlinie über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführer:innen
Die Europäische Kommission nimmt eine Überarbeitung der Richtlinie 2007/59/EG über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführer:innen vor. Der Vorschlag zur Revision wird voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 vorliegen. Ziele der Überarbeitung sind die Verbesserung der Mobilität von Triebfahrzeugführer:innen im gesamten Schienennetz der EU sowie die Erleichterung für Arbeitgeber im Hinblick auf die Zuweisung von Triebfahrzeugführer:innen zu Einsätzen in verschiedenen Mitgliedsstaaten.
Nach einer umfassenden Sektorkonsultation in mehreren Stufen (Call for Evidence im Januar 2022, öffentliche Konsultation September 2022, Experteninterviews und Anhörungen) lassen sich die kritischen Schwerpunkte der Revision identifizieren. Dies sind im Augenblick die zu definierenden Anforderungen an die Sprachkompetenz, die im Raum stehende Überlegung, eine zweite, europaweite Betriebssprache anzustreben, Änderungen im heute getrennt gehaltenen System von Triebfahrzeugführerschein und Zusatzbescheinigungen sowie das Vorhaben, anstelle einer Richtlinie eine Verordnung zu erlassen.
Das europäische Greening Transport Package
Bis 2050 sollen die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 90% reduziert werden. Zur weiteren Ökologisierung innerhalb des europäischen Verkehrs plant die Europäische Kommission ein umfassendes Maßnahmenpaket, das voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 vorgelegt werden soll. Mit unmittelbarer Relevanz für die Schiene soll es Vorschläge für ein effizienteres Kapazitäts- und Verkehrsmanagement im grenzüberschreitenden Schienenverkehr, die Überarbeitung der Richtlinie für den Kombinierten Verkehr und die Überarbeitung der Richtlinie höchstzulässiger Maße und Gewichte im Straßengüterverkehr enthalten. Zur Unterstützung der genannten Initiativen soll ein harmonisierter EU-Rahmen für die Berechnung verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen implementiert werden. Die Initiativen werden im Folgenden noch einzeln dargestellt.
Harmonisierter Europäischer Rahmen zur Erfassung und Bewertung verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen (CountEmissions EU)
Die im Rahmen des sog. Greening Transport Package vorgesehene Initiative soll sowohl im Personen- als auch im Güterverkehr Anwendung finden und transparente Informationen liefern, die es ermöglichen, Emissionen zu verringern und zu vergleichen. Sie soll eine Entscheidungshilfe für Nutzer:innen und Bürger:innen sein, um das nachhaltigste Verkehrsmittel zu wählen, und so potenzielles Greenwashing verhindern. Auch ein zukünftiges Ecolabelling soll auf der Systematik aufbauen.
Der europäische Schienensektor begrüßt diese Pläne. Die Methodik sollte einheitlich, verbindlich und ohne hohen Aufwand realisierbar sein. Im DB-Konzern finden die im Transportsektor etablierten Tools EcoPassenger und EcoTransIT World bereits seit Jahren Anwendung. Beide entsprechen der vorhandenen unverbindlichen Richtschnur für den Verkehrssektor, dem Standard EN 16258 für die Treibhausgasbilanzierung. Aktuell wird dieser Standard überarbeitet und soll als ISO 14083 auf einen Weltstandard angehoben werden. Dieser Weltstandard ISO 14083 wäre eine wichtige Grundlage für die Initiative »CountEmissions EU«.
Infrastruktur
Revision der Verordnung über die Leitlinien der EU zum Aufbau eines Transeuropäischen Verkehrsnetzes
Die Europäische Kommission hat am 14. Dezember 2021 einen Vorschlag zur Überarbeitung der Transeuropäische-Verkehrsnetze-(TEN-V-)Leitlinien vorgelegt. Ziel i. S. d. europäischen Grünen Deals ist es, jetzt die Weichen für eine schnellere Vollendung insbesondere des multimodalen TEN-V-Kernnetzes bis 2030 sowie des TEN-V-Gesamtnetzes bis 2050 (Integrierter Bericht 2021) zu stellen.
Mit dem »erweiterten TEN-V-Kernnetz« sollen bis 2040 zwei neue technische Infrastrukturparameter implementiert werden: auf Personenverkehrsstrecken eine Streckengeschwindigkeit von überwiegend mindestens 160 km/h und im Schienengüterverkehr/Kombinierten Verkehr ein Lichtraumprofil mit einem Standard von mindestens P400. Das Lichtraumprofil bezeichnet standardisierte Querschnitte der Infrastruktur, die den Raum gewährleisten, der für die uneingeschränkte Durchfahrt von Fahrzeugen und Ladungen mit bestimmten Eigenschaften und Abmessungen freizuhalten ist. P400 ist ein Profil, das für 4 m hohe Sattelauflieger geeignet ist. Im Hinblick auf eine effizientere Verzahnung mit den europäischen Schienengüterverkehrskorridoren sieht der Entwurf u. a. Anpassungen der Steuerung (Governance) vor. Unter dem Ratsvorsitz Tschechiens wurde Anfang Dezember 2022 die sog. allgemeine Ausrichtung als Voraussetzung für die weiteren Verhandlungen mit Parlament und Kommission angenommen. Das von der Kommission vorgeschlagene neue Netzwerkdesign mit den Zielhorizonten 2030/2040/2050 wird im Kern bestätigt. Zugleich sieht der Kompromiss u. a. weniger strikte Vorgaben bei der Implementierung der TEN-V-Infrastrukturparameter im Vergleich zum Kommissionsentwurf vor. Parallel laufen die Verhandlungen im Parlament. Im Oktober 2022 wurde der Berichtsentwurf vorgelegt. Nach Verabschiedung des TEN-V-Berichts können die Kompromissverhandlungen (Trilogverhandlungen) beginnen. Der Abschluss der TEN-V-Revision ist spätestens im zweiten Halbjahr 2023 vorgesehen. Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hatte die Europäische Kommission am 27. Juli 2022 einen Delegierten Rechtsakt zur Modifizierung des TEN-V-Verordnungsvorschlags vom 14. Dezember 2021 angenommen. Dieser sieht die Umrüstung der Spurbreite (Fokus auf neue Infrastruktur, Ausnahmen über Kosten-Nutzen-Analysen möglich) auf 1.435 mm und Vorlage eines Migrationsplans innerhalb von zwei Jahren vor; eine Streichung Russland/Belarus von den indikativen TEN-V-Maps; die Herabstufung der Verbindungen nach Russland/Belarus (Kernnetz zu Gesamtnetz) sowie eine Verlängerung von vier TEN-V-Korridoren (North-Sea Baltic, Baltic-Black-Aegean Sea, Baltic Sea-Adriatic Sea und Rhine-Danube) in Verbindung mit den sog. Solidarity Lanes.
Güterverkehr
Revision der Verordnung zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr
Mit der Verordnung zur Schaffung eines europäischen Schienennetzes für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr wurde 2010 erstmals ein Instrument eingeführt, um den Betrieb der wichtigsten internationalen Eisenbahnstrecken für den Güterverkehr innerhalb der EU sowie mit Drittstaaten zu verbessern. Dazu wurden neun europäische Schienengüterverkehrskorridore (SGV-Korridore) geschaffen. Ebenfalls etabliert wurden zentrale Vertriebsstrukturen, Produkte sowie Gremienstrukturen zum Management der SGV-Korridore. 2017 und 2018 wurden zwei weitere SGV-Korridore eingerichtet. Sechs der nunmehr elf europäischen SGV-Korridore verlaufen durch Deutschland. Zur Umsetzung des europäischen Grünen Deals und der Sustainable and Smart Mobility Strategy der Europäischen Kommission werden auch die SGV-Korridore weiterentwickelt. Im Rahmen der Überarbeitung der TEN-V-Leitlinien sind bereits umfassende Vorschläge zur Änderung der Schienengüterverkehrskorridorverordnung vorgelegt worden. Ziel ist es u. a., die Governance der SGV-Korridore zwischen Mitgliedsstaaten, Infrastrukturbetreibern und beratenden Gruppen (u. a. Eisenbahnverkehrsunternehmen und Terminalbetreibern) zu verbessern sowie die Kunden mit Blick auf die Infrastrukturplanung stärker einzubeziehen. Auch die Rolle des europäischen Koordinators für die Transportkorridore als Vermittler soll gestärkt werden. Die Kommission hat im Jahr 2022 angekündigt, im Rahmen des Greening Transport Package einen ambitionierten Vorschlag für ein verbessertes grenzüberschreitendes Verkehrs- und Kapazitätsmanagement vorlegen zu wollen, der über das Marktsegment Schienengüterverkehr hinausgehen soll. Damit möchte die Europäische Kommission u. a. den Fokus auf betriebliche Aspekte des Schienengüterverkehrs legen. Die Europäische Kommission prüft derzeit verschiedene Maßnahmen einer Optimierung mit Fokus auf Kapazitätsmanagement, Performance, Stakeholdermanagement und Nutzung digitaler Instrumente. Geprüft werden soll auch eine stärkere Zentralisierung auf EU-Ebene.
Revision der Richtlinie zu Massen und Gewichten
Die Europäische Kommission plant, im Rahmen des Greening Transport Package die Revision der Richtlinie über die »Festlegung der höchstzulässigen Abmessungen für Straßenfahrzeuge im innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr und Festlegung der höchstzulässigen Gewichte im grenzüberschreitenden Verkehr« vorzulegen. Der Einsatz von emissionsfreien Fahrzeugen mit einer maximalen Länge von 25,25 m und einem Gewicht von 60 t im Kombinierten Verkehr sowie ggf. eine Genehmigung zusätzlicher Ladekapazitäten sollen im Rahmen einer Folgeabschätzung untersucht werden. Auch eine mögliche generelle Anhebung von Maßen und Gewichten, klarere bzw. einheitliche Vorgaben im grenzüberschreitenden Einsatz, verbunden mit Auswirkungen auf Infrastruktur und intermodalen Wettbewerb, möchte die Europäische Kommission prüfen. Wichtig ist aus Sicht des DB-Konzerns, dass bei der Anpassung der Regelungen Rückverlagerungseffekte auf die Straße vermieden werden.
Revision der Richtlinie zum kombinierten Verkehr
Die Europäische Kommission arbeitet im Rahmen des Greening Transport Package auch an einer Überarbeitung der Richtlinie »über die Festlegung gemeinsamer Regeln für bestimmte Beförderungen im kombinierten Güterverkehr zwischen Mitgliedstaaten« (KV-Richtlinie). Die Europäische Kommission möchte auf neue Ansatzpunkte u. a. im Bereich der Förderfähigkeit (Eligibility) setzen, die sich direkt an der Vermeidung von externen Kosten orientieren sollen. Auch die Ausweitung des KV-Begriffs nicht mehr nur auf den Umschlag von Behältern, sondern auf multimodale Transportketten soll geprüft werden. Aus Sicht des DB-Konzerns ist eine klarere Definition des Kombinierten Verkehrs und deren europaweit einheitliche Auslegung essenziell. Ebenso muss die Förderung kleinerer Terminals, die für den Umschlag von konventionellem und Kombiniertem Verkehr genutzt werden können (Tiny Terminals), in Betracht gezogen werden. Bestehende Privilegien für den Kombinierten Verkehr müssen erhalten und der Hauptlauf nach wie vor auf der Schiene gewährleistet werden. Infrastrukturelle Vorgaben für Terminals, die eine verbesserte Harmonisierung technischer Standards innerhalb Europas vorsehen, sollen innerhalb der überarbeiteten TEN-V-Verordnung gesetzt werden.