Digitalisierung im Bahnbetrieb
Bahnsystem soll digitalisiert werden
Das Schienennetz in Deutschland sollte nach dem Ergebnis einer vom BMVI in Auftrag gegebenen Studie digitalisiert werden. Dadurch könnte ein Kapazitätszugewinn von bis zu 20% im Personen- und Güterverkehr erreicht werden. Damit würden die Voraussetzungen geschaffen, um das wachsende Verkehrsaufkommen in Deutschland bewältigen zu können. Mit dem Programm Digitale Schiene Deutschland will der gesamte Bahnsektor die flächendeckende Einführung von neuer Leit- und Sicherungstechnik und digitalen Stellwerken im rund 33.000 km umfassenden Eisenbahnnetz vorantreiben.
Die im September 2018 vorgestellte Machbarkeitsstudie zur Digitalisierung der Eisenbahn kommt zu dem Ergebnis, dass die Ausrüstung des deutschen Schienennetzes mit der europäischen Leit- und Sicherungstechnik ETCS Nr. 145 neuester Generation mit gleichzeitiger Einführung digitaler Stellwerkstechnologie sinnvoll ist und kurzfristig gestartet werden sollte.
Aus den Effekten ergibt sich ein positiver volkswirtschaftlicher Gesamtnutzen:
- Erhöhung der Zuverlässigkeit: neue Technik und Systeme für Qualität und Pünktlichkeit.
- Erhöhung der Kapazität auf der Schiene: Aufnahme des Verkehrswachstums und Möglichkeit zu Verlagerung von Verkehr von der Straße.
- Erhöhung der Energieeffizienz und verringerte Treibhausgasemissionen: energiesparende Steuerung und Verlagerung auf die Schiene.
- Senkung der Betriebskosten in Instandhaltung und Betrieb.
- Gewährleistung der Demografiefestigkeit: Bewältigung der alters- und fluktuationsbedingten Verringerung der Anzahl des Betriebspersonals.
- Grenzenloser Bahnverkehr: europäische Interoperabilität der Systeme.
Der Bund wird jetzt die Vorschläge prüfen und bewerten. Die Digitalisierung wird für die Zukunftsfähigkeit der Eisenbahn eine entscheidende Rolle spielen.
Digitalisierter Betrieb bei der S-Bahn Hamburg
In Hamburg wird 2021 erstmals in Deutschland ein hoch automatisierter S-Bahn-Betrieb aufgenommen. Eine entsprechende Kooperationsvereinbarung zur »Digitalen S-Bahn Hamburg« haben der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, Siemens-Vorstand Dr. Roland Busch und DB-Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla unterzeichnet. Hamburg ist damit Vorreiter für den digitalisierten Betrieb in einem deutschen Bahnnetz. Die Vereinbarung sieht vor, den 23 km langen Streckenabschnitt auf der S-Bahn-Linie 21 zwischen den Stationen Berliner Tor und Bergedorf/Aumühle für das hoch automatisierte Fahren einzurichten und parallel dazu vier Fahrzeuge mit der erforderlichen Technik auszurüs-ten. Die drei Partner haben vereinbart, sich die Kosten von rund 60 Mio. € zu teilen. Im Oktober 2021, wenn Hamburg den Weltkongress für Intelligente Transportsysteme (ITS) ausrichtet, werden dann digital gesteuerte Fahrzeuge verkehren.
Erstes digitales Stellwerk in Betrieb
Im Januar ging auf der Erzgebirgsbahn in Annaberg-Buchholz das erste digitale Stellwerk (DSTW) in Europa in Betrieb. Das Vorserienprojekt hat eine Revolution für die Leit- und Sicherungstechnik eingeläutet, die Bestandteil des Programms Digitale Schiene Deutschland ist. Das DSTW markiert den Startpunkt für die Weiterentwicklung und die bundesweite Umsetzung einer neuen, innovativen Stellwerksgeneration. Die Technik ist sowohl für den Betrieb von Hauptstrecken mit dichtem Betriebsprogramm und großen Knotenbahnhöfen als auch für einfachere Anwendungen im ländlichen Bereich einsetzbar. Im Berichtsjahr wurden die Planungen für weitere Referenzprojekte vorangetrieben. Es begannen zudem die Bauarbeiten für das zweite elektronische Stellwerk (ESTW) in Warnemünde, das im September 2019 in Betrieb gehen soll.
App-basiertes Trassenbuchungssystem in Entwicklung
Ab 2019 können EVU Trassen wie im Onlineshop per Mausklick buchen. Die App Click&Ride macht es möglich. Einfach Wünsche zu Zeit, Strecke und Zug eingeben, Angebote prüfen, auswählen und buchen. Dank automatischer Fahrplankonstruktion dauert es dann von der Anfrage bis zu einem Angebot noch maximal drei Minuten statt mehrere Stunden. Das bedeutet weniger Aufwand für alle Beteiligten und eine bessere Auslastung des Schienennetzes. 2019 soll Click&Ride in einem begrenzten Umfang im Schienengüterverkehr erstmalig eingesetzt werden.
Click&Ride wird somit das erste produktiv eingesetzte Element des Programms »neXt Digitale Kapazitätssteigerung«, das der Bund mit insgesamt 75 Mio. € Förderung unterstützt hat.
Zustandscheck im Vorbeifahren
Mit dem Wayside-Monitoring lassen sich Schienenfahrzeuge im laufenden Betrieb – also quasi im Vorbeifahren – auf Herz und Nieren überprüfen. Dafür werden zum Beispiel mit Mikrofonen am Gleis Geräusche vorbeifahrender Züge aufgenommen und mit einem vorher aufgezeichneten »akustischen Fingerabdruck« verglichen. Weicht das Ergebnis vom Normalwert ab, werden wir in der Wartung aktiv. Und das, lange bevor an Zug oder Schiene überhaupt ein Schaden entsteht. Der Vorteil: weniger Verspätungen für die Reisenden und eine optimierte, vorausschauende Instandhaltung.
Wayside-Monitoring ist bereits an mehreren Standorten im Einsatz, so etwa in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Das System kann von jedem EVU genutzt werden. Im Berichtsjahr wurden weitere Pilotprojekte gestartet, wie ein Videogate bei Nürnberg sowie eine Überwachungsanlage für Stromabnehmer.