Konzernsicherheit
Managementansatz und Ziele
Sicherheit ist ein Grundbedürfnis aller Menschen. Für unsere Kund:innen ist Sicherheit ein wesentliches Kriterium bei der Auswahl des Verkehrsmittels. Für unsere Mitarbeitenden ist Sicherheit Voraussetzung für verantwortungsvolle und kundenorientierte Arbeit. Wir tragen täglich die Verantwortung für Millionen von Menschen und Gütern, die auf unserer Infrastruktur unterwegs sind. Der Schutz vor Angriffen, Diebstählen und anderen Straftaten entlang von Produktionsabläufen und Reiseketten ist oberstes Anliegen der Sicherheitsorganisation des DB-Konzerns. Die DB-internen Stellen stehen dabei im ständigen Dialog mit den Sicherheitsbehörden. Der kontinuierliche Lageaustausch der Konzernsicherheit mit dem Bundespolizeipräsidium ist rund um die Uhr gemeinschaftliche Aufgabe von DB-Konzern und Bundespolizei in unserem Sicherheitszentrum. Die Lage- und Einsatzzentralen in den Regionalbereichen der DB Sicherheit koordinieren regionale Sicherheitsthemen und sind 24/7 Ansprechpartner für die Geschäftsfelder, konzernexterne Eisenbahnverkehrsunternehmen und Behörden. Insgesamt sind bundesweit rund 6.000 Bundespolizist:innen und rund 4.500 DB-Sicherheitskräfte im Einsatz. DB-Konzern und Bundespolizei stellen kontinuierlich Mitarbeitende ein und erweitern die Ausbildungskapazitäten. Im September 2023 begannen rund 100 Auszubildende die dreijährige Ausbildung zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit. Damit sichern bundesweit rund 250 junge Menschen im DB-Konzern den Nachwuchs in diesem Aufgabenfeld. Ein weiterer Aufbau von bis zu 500 Sicherheitskräften ist zur Erfüllung der Pflichten aus dem KRITIS-Dachgesetz (Gesetz zum Schutz der Kritischen Infrastruktur) geplant. Im besonderen Fokus stehen der Aufbau und die Qualifizierung eigener Ressourcen und die Reduzierung des Einsatzes von Sicherheitskräften beauftragter Unternehmen. Die Besetzung der Stellen und Qualifizierung der Bewerber:innen ist im zweiten Halbjahr 2023 angelaufen. Neben der Ausbildung sind kontinuierliche Fortbildung und Training wesentliche Voraussetzungen für eine stabile Sicherheitslage. Alle im DB-Konzern eingesetzten Sicherheitskräfte werden den gesetzlichen Vorgaben entsprechend mindestens viermal jährlich mit insgesamt 24 Stunden Fortbildung geschult. Die Mitarbeitenden der DB Sicherheit haben 2023 über den gesetzlichen Rahmen hinaus je nach Tätigkeit bis zu 50 Stunden Fortbildung absolviert. Um in allen Situationen empathisch und deeskalierend vorgehen zu können, sind kontinuierliche Schulungen zu Deeskalation und Eigensicherung erforderlich. Zivil- und strafrechtliche Lehrinhalte dienen der Handlungssicherheit und werden im Kontext zu Grund- und Menschenrechten vermittelt. Zum professionellen und empathischen Umgang mit allen Menschen in Bahnhöfen und Zügen sind soziale und interkulturelle Kompetenzen Teil der Schulungen. Dabei ist die Vielfalt der Perspektiven und Kulturen bereits durch die Teilenehmenden gegeben: Bei der DB Sicherheit arbeiten Menschen aus mehr als 50 Ländern.
Die Zahl von Straftaten zulasten des DB-Konzerns und seiner Kund:innen liegt unter dem Vorjahresniveau (rund –10%). Angesichts der nach Wegfall der pandemiebedingten Einschränkungen wieder angestiegenen Fahrgastzahlen ist dies ein Beleg dafür, dass die Sicherheitskonzepte des DB-Konzerns einen positiven Effekt auf die tatsächliche und gefühlte Sicherheit haben. Auffällig ist der Rückgang von Hausrechtsverstößen (rund –28%), der die kontinuierliche Präsenz von Sicherheitskräften in Zügen und Bahnhöfen als wesentlichen Faktor für die Gewährleistung der Sicherheit bestätigt. Immer häufiger ergänzt Technik den für Sicherheit unverzichtbaren Faktor Mensch. Ob Videotechnik, Drohnen, Sensorik, Auswertung von Daten und Informationen mit künstlicher Intelligenz – auch im Sicherheitsbereich erweitern sich Möglichkeiten und verändern sich Berufsbilder. Auf insgesamt niedrigem Niveau ist die Zahl der Metalldiebstähle (rund +14%) sowie der Fahrkartenautomatenaufbrüche (rund +10%) angestiegen. Ein leichter Rückgang ist dagegen bei Graffitistraftaten (rund –8%) zu verzeichnen.
Sicherheit im DB-Konzern
Der DB-Konzern gibt jährlich rund 200 Mio. € für die Sicherheit von Kund:innen und Mitarbeitenden aus.
Das konzernweite Programm Sicher unterwegs fokussiert Maßnahmen, die eine spürbare Erhöhung der Sicherheit für Mitarbeitende sowie Kund:innen bewirken. DB Fernverkehr hat seit 2019 sukzessive die Unterstützung durch die DB Sicherheit an Bord der Fernverkehrszüge durch zusätzliche Beauftragungen ausgebaut. Zusätzliche Leistungen gab es insbesondere bei Anlässen wie Fußball-Fanreiseverkehr oder Großveranstaltungen, zunehmend aber auch an frequenztarken Reisetagen im Regelbetrieb. Aktuell sind Mitarbeitende der DB Sicherheit sowohl im Nacht- als auch im Tagesreiseverkehr auf Fernverkehrszügen im Einsatz und unterstützen die Mitarbeitenden an Bord der Züge, steigern das Sicherheitsgefühl der Reisenden und leisten einen starken Beitrag zur Abwehr von kriminellen Handlungen. Damit erfüllen wir die Wünsche und Forderungen der Kund:innen, der Mitarbeitenden und der Interessenvertretungen.
Zum besseren Schutz der Mitarbeitenden werden verstärkt technische Anwendungen eingesetzt. DB Regio hat 2023 nach bisherigen Einzeltests mit Bodycams bei Zugpersonalen erstmals in größerem Rahmen in drei Regionen Einsatzpraxis und Wirksamkeit getestet. Das Ergebnis: Mit Bodycam ausgestattete Mitarbeitende sind nicht angegriffen worden. Allein die Präsenz der Bodycam hat nach Angaben der am Test Beteiligten zahlreiche kritische Situationen verhindert. Die Geräte werden ab 2024 bundesweit im Regelbetrieb eingeführt, zunächst auf freiwilliger Basis.
Bedrohungsmanagement 24/7
Mitarbeitende sollen ohne gesundheitliche Risiken und ohne Belastungen arbeiten können. Viele Mitarbeitende finden in ihrem unmittelbaren Arbeitsumfeld dafür nicht immer die richtige Ansprechperson. Seit 2021 stehen die Expert:innen des Bedrohungsmanagements den Mitarbeitenden rund um die Uhr als Ansprechpartner:innen bei Bedrohungen und persönlichen Belastungen zur Verfügung. Je nach Situation reichen die Aktivitäten von der Beratung über die Vermittlung von weiterführenden Hilfsangeboten bis zur unmittelbaren Intervention im Arbeitsumfeld oder Anforderung behördlicher Unterstützung. Ob erlebte Bedrohung vor, während oder nach dem Dienst oder Belastung aus dem persönlichen Umfeld: Speziell geschulte Mitarbeitende nehmen Meldungen auf und entscheiden über eine Intervention. 2023 verzeichnete das Team Bedrohungsmanagement rund 150 (im Vorjahr: rund 100) Kontaktaufnahmen. Davon erforderten wie im Vorjahr rund 50 eine weiterführende Betreuung, teils über mehrere Monate. Die Zunahme der Kontaktaufnahmen ist auf die zunehmende Bekanntheit des Angebots zurückzuführen.
Kontinuierlicher Ausbau von Videotechnik in Zügen und Bahnhöfen
Ein entscheidender Baustein für mehr Sicherheit ist der Einsatz von Videotechnik. Bis Ende 2024 wollen wir die Zahl der Videokameras in Bahnhöfen auf rund 11.000 erhöhen. Ende 2023 waren rund 10.000 Kameras an rund 800 Bahnhöfen installiert und damit mehr als je zuvor.
Der DB-Konzern investiert nicht nur in Quantität, sondern auch in Qualität: Aus Tausenden Blickwinkeln überschauen neue moderne Multisensorkameras den Alltag am Bahnhof und machen so das Reisen noch sicherer. Nach und nach werden daher auch ältere Videokameras durch moderne ersetzt. Zugriff auf die Aufzeichnungen hat ausschließlich die Bundespolizei.
Auch in den Zügen des Regional- und S-Bahn-Verkehrs steigt die Zahl der Kameras weiter: Inzwischen sorgen mehr als 50.000 Videokameras im Fall der Fälle für eindeutiges Beweismaterial. Damit ist der Innenraum von mehr als 80% der Nahverkehrsflotte videoüberwacht – etwa ein Drittel mehr als 2017.
Präventionsarbeit
Immer wieder kommt es zu Unfällen an Bahnanlagen, weil Menschen die Gefahren von fahrenden Zügen, Geschwindigkeiten und elektrischer Spannung unterschätzen und Schutzabstände nicht einhalten. Halten sich bahnfremde Personen auf Gleisen auf, muss oft der Bahnbetrieb unterbrochen werden. Zum Schutz vor Unfällen und um Unterbrechungen des Bahnbetriebs zu vermeiden, setzt der DB-Konzern auf Aufklärung und Sensibilisierung. Nach der positiven Resonanz auf die seit 2020 neu etablierte Präventionsarbeit im Themenfeld Gefahren an Bahnanlagen hat der DB-Konzern die Präventionsteams personell verstärkt. Um noch mehr Präsenz zeigen zu können, aber auch mehr Ansprechpartner:innen für interne und externe Partner zu haben, wurde die Zahl der Präventionskräfte 2023 auf 24 verdoppelt. Schwerpunkt bleibt die Präsenz an Bahnhöfen und Bahnanlagen. Dort sowie in Schulen und kommunalen Einrichtungen sensibilisieren die Mitarbeitenden zum richtigen Verhalten an Bahnanlagen, klären zu Gefahren des Bahnbetriebs auf und arbeiten gemeinsam mit der Bundespolizei im Bereich der Kriminalprävention.
Präsenz und enge Zusammenarbeit mit der Bundespolizei
Wir erhöhen weiterhin kontinuierlich die Präsenz eigener Sicherheitskräfte. Die aus Sicherheitskräften gebildeten Doppelstreifen und Einsatzteams werden in allen Regionen von mobilen Unterstützungsgruppen (MUG) mit besonderer Qualifikation für anspruchsvolle Einsätze ergänzt. Über die verkehrsvertraglichen Vorgaben hinaus werden so die Sicherheitsbedürfnisse in Zügen und Bahnhöfen erfüllt. Im Rahmen der Ordnungspartnerschaft ist die Zusammenarbeit von Sicherheitskräften des DB-Konzerns und Beamt:innen der Bundepolizei weiter intensiviert worden. Gemeinsame Übungen, die Vermittlung von Qualifikationen für den Einsatz im Bahnbereich und die gemeinschaftliche Planung und Bewältigung von besonderen Lagen, z. B. beim Fußball-Fanreiseverkehr, sind Ausdruck der Ordnungspartnerschaft und leisten einen konkreten Beitrag für mehr Sicherheit im Bahnbereich.
Übergriffe auf Mitarbeitende
Infolge der schrittweisen Einführung des Erfassungssystems Corporate Security Platform in den einzelnen Geschäftsfeldern ist die Vergleichbarkeit einzelner Werte zu Übergriffen auf Mitarbeitende mit dem Vorjahr eingeschränkt.
Die Zahl der Angriffe auf Mitarbeitende (einschließlich Androhungen und Versuchen) lag 2023 mit 3.144 Fällen (im Vorjahr: 3.140 Fälle) auf Vorjahresniveau. Der kontinuierliche Anstieg in den Vorjahren ist damit abgebremst. Die meistbetroffenen Berufsgruppen sind das Zugbegleitpersonal mit 62% sowie die Sicherheits- und Ordnungsdienste mit 31%. Wesentlicher Auslöser für Gewalt gegen Zugpersonal sind nicht vorhandene oder ungültige Tickets, für Gewalt gegen Sicherheitskräfte die Durchsetzung der Hausordnung. Mitarbeitende mit Bodycams sowie Sicherheitskräfte mit Schutzhunden wurden so gut wie nicht angegriffen.
Ausbaustein »Sicher unterwegs«
Mit dem Mitarbeitenden-Ausbaustein »Sicher unterwegs« haben die Mitarbeitenden Sicherheit als zentrales Handlungsfeld des DB-Konzerns definiert. Durch die Zusammenarbeit der Konzernsicherheit mit den Geschäftsfeldern und in Abstimmung mit Mitarbeitenden werden Maßnahmen umgesetzt, die die Sicherheit für Mitarbeitende und Kund:innen erhöhen. 2023 stand weiterhin die Entwicklung der konzernweiten Sicherheitsplattform CSP (Corporate Security Platform) im Mittelpunkt der Aktivitäten. Die CSP erlaubt eine schnellere Kenntnis von Gefahrenlagen, ein schnelleres und gezielteres Reagieren und dass durch kontinuierliche Auswertung gewonnene Lageerkenntnisse unmittelbar in Sicherheitsmaßnahmen und langfristig in Sicherheitskonzepte einfließen. Inzwischen werden in der CSP Ereignisse und Vorfälle aller Mitarbeitenden mit Kundenkontakt erfasst. Neben den Schnittstellen zu den dienstlichen Kommunikationssystemen der Geschäftsfelder bietet ein webbasierter Zugang nach und nach immer mehr Mitarbeitenden die Möglichkeit, Ereignisse und Beobachtungen zu erfassen, auch wenn sie nicht in die geschäftsfeldspezifischen Systeme eingebunden sind. Ab 2024 komplettiert eine App auf den dienstlichen Endgeräten die Eingabemöglichkeiten für DB-Mitarbeitende. Die Einbindung aller Geschäftsfelder, der regelmäßige Austausch mit den initiierenden Mitarbeitenden sowie die kontinuierliche Zusammenarbeit mit den Interessenvertretungen schaffen hohe Akzeptanz und Nutzungsbereitschaft. Das macht die CSP zum organisatorischen und funktionalen Rückgrat der Sicherheit im DB-Konzern.
Sicherheitsbahnhof Südkreuz
DB-Konzern und Bundespolizei entwickeln ihre Sicherheitskonzepte kontinuierlich weiter. Der Bahnhof Berlin Südkreuz dient als Standort für die Erprobung neuer Technologien un-ter Praxisbedingungen. Dazu gehört die leuchtende Bahnsteigkante, die den Besetzungsgrad von Zügen signalisiert und vor einfahrenden Zügen warnt. Die App SafeNow, mit der Reisende Unterstützung anfordern können, steht seit Herbst 2023 auch Kund:innen im Hamburger Hauptbahnhof zur Verfügung.
Die Studie »Sichere Bahnhöfe für alle«, die der DB-Konzern 2023 im Zusammenhang mit dem Sicherheitsbahnhof hat erstellen lassen, beleuchtet unterschiedliche Nutzungsformen verschiedener Akteure im Hinblick auf subjektive und objektive Sicherheit. Eine Erkenntnis ist das Erfordernis einer übergreifenden Zusammenarbeit, die soziale Angebote stärker in den Fokus nimmt und Menschen in sozialen Konflikten mehr Unterstützung bietet. Als unmittelbare Folge aus den Ergebnissen der Studie sind an den Bahnhöfen Berlin Südkreuz und Berlin Ostbahnhof seit Ende 2023 sog. Bahnhofsläufer:innen im Einsatz. Die Bahnhofsläufer:innen ergänzen und erweitern damit das Tätigkeitsspektrum der Sicherheitskräfte mit einem sehr niedrigschwelligen sozialen Angebot.
Sicherheitswirksame Sozialarbeit in Bahnhöfen
Die Bahnhofsläufer:innen passen in das Themenfeld der 2022 begründeten Initiative von DB-Konzern, Bundespolizei und den Bahnhofsmissionen. Durch Sensibilisierung von Mitarbeitenden und die Einbeziehung neuer Netzwerkpartner soll der oft angenommene Widerspruch von Sicherheit und Sozialarbeit aufgelöst werden. Im Mittelpunkt stehen regelmäßiger Dialog und Austausch sowie Hospitationen und Fortbildungen von Mitarbeitenden zum Perspektivwechsel. Im inzwischen dritten Jahrgang haben so beispielsweise Auszubildende der DB Sicherheit im Rahmen ihrer Ausbildung ihre sozialen Kompetenzen durch Hospitationen in sozialen Einrichtungen wie den Bahnhofs- und Stadtmissionen erweitert.